Bushcraft: 

Die Kunst des Draußenbleibens

Wie geht eigentlich Bushcraft? Der Globetrotter Blog hat Julius Battenfeld gefragt, Outdoor-Experte und Tatonka-Markenbotschafter.


INTERVIEW: Michael Neumann

FOTOS: Archiv Julius Battenfeld

  • Person läuft mit Rucksack in den Wald
    Alles dabei für eine Nacht im Wald.
  • Feuer machen und kochen  im Wald
    Feuer machen bitte nur auf Privatgrund und mit Hobo-Kocher

»Das Abenteuer Bushcraft beginnt direkt hinter deiner Haustür.«

Ich bin großer Fan der Serie »7 vs. Wild« und will selbst mal Bushcraft ausprobieren. Der Plan: 24 Stunden allein in einem Wald bei mir in der Gegend. Ist sowas überhaupt erlaubt?

Grundsätzlich stört es niemanden, wenn man im Wald übernachtet, so meine Erfahrung. Allerdings stellt meines Wissens sogar schon das Betreten des Waldes bzw. das Verlassen von Wegen in der Dunkelheit eine Ordnungswidrigkeit dar. So gesehen ist jegliche freie Outdooraktivität inklusive Übernachtung schon ein gesetzlicher Fehltritt. In meinen über 20 Jahren draußen bin ich ohne Anzeige oder Bußgelder durch die Wälder gezogen. Wie ich das gemacht habe? Immer mit Respekt in die Natur gehen, einen Draht zu Förstern und Jägern aufbauen, im Idealfall den Waldbesitzer um Erlaubnis fragen und keinesfalls in der ersten Nacht ein 4-Mann-Zelt aufstellen. Laut Gesetz wird ein Notbiwak mit Tarp/Plane geduldet, ein geschlossenes Zelt gilt dagegen als Wildcampen.

Aber Feuermachen ist nicht, oder?

Feuermachen ist in Deutschland ebenfalls verboten, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und geht bis hin zur Straftat, wenn es zum Waldbrand kommt. Mein Grundsatz: Im Sommer ist Feuer im Wald absolut tabu, da es hier schnell zu Bränden kommen kann. Besonders Wurzelbrände entstehen sehr schnell bei trockenen und torfigen Böden und können tagelang unbemerkt unter der Erde schwellen. Aus diesem Grund ist ein geeigneter Untergrund (Feuerschale, Schamottsteine, etc.) für ein Feuer das A und O, wenn man unbedingt – auf Privatgrund versteht sich – ein Feuer entzünden möchte. Noch besser, man macht es im Herbst und Winter, wenn die Vegetation schön feucht und nicht brennbar ist. Und wenn Feuer in freier Wildbahn, dann am besten in einem sogenannten Hobo-Kocher. Dieser faltbare Kocher aus Metallplatten reduziert die Feuerentwicklung, schont den Untergrund und optimiert die Verbrennung, so dass nur feine Asche übrig bleibt, die keine Glutnester mehr enthält.

Wie sieht es außerhalb Deutschlands aus?

Viele Länder zeigen, wie es gehen kann und stellen sogar noch kostenloses Feuerholz bereit. In skandinavischen Ländern zählt das Feuer und das Übernachten in der Natur zum Jedermannsrecht und man muss keine gesetzlichen Konsequenzen befürchten. Ein Traum für Outdoorbegeisterte wie mich. Ich würde mir für Deutschland nichts lieber als einen »Outdoorschein« wünschen, mit dem man sich das Jedermannsrecht nach Deutschland holt. 

Ich bin auch gerne in Ländern unterwegs, die es mit dem Übernachten und Feuer nicht so strikt sind. Ganz vorne dabei die Balkanregion. Hier haben die Menschen ganz andere Prioritäten als sich um Wildcamper zu scheren.

Was macht für dich die Faszination Bushcraft aus?

Ehrlich gesagt steht für mich nicht das Thema Bushcraft an erster Stelle, sondern allgemein Outdoor. Bushcraft ist für mich eher ein weiterer Schritt in Richtung Minimalismus und etwas weiter weg von der Moderne. Heruntergebrochen bedeutet Bushcraft nicht mehr als »Dinge bauen in der Wildnis«. Das kann man theoretisch auch in Jeans und gelben Regencoat, ist dann aber eher weniger naturverbunden. Da man sich ja beim Bushcraften eher mit der Natur im Einklang befinden möchte, nutzt ein Großteil der Community erdfarbene Ausrüstung, natürliche Materialien und meist nur eine Zeltplane und eine Wolldecke für die Nacht.

Wo informiert man sich am besten über das Thema?

Es gibt gute Bushcraft-Foren und unzählige YouTube-Kanäle, die sich tiefergehend mit diesem Thema beschäftigen, aber auch gute Bücher, viele davon im Globetrotter-Sortiment.

»Die wichtigste Ausrüstungsgegenstände bei Bushcraft und Survival? Verstand und Erfahrung!«

Was gehört alles in den Rucksack?

Es gibt verschiedene Auffassungen von Bushcraft, und das schlägt sich auch im Rucksack nieder. Einige kombinieren Bushcraft mit einem großen Baumwollzelt, Ofen und gutem Essen, andere präferieren den Minimalismus, ernähren sich nur notdürftig und bauen sich kleine Gegenstände, Gefäße oder Unterschlüpfe. Ich kombiniere gerne beides. Mein Rucksack beinhaltet in der leichtesten Ausführung ein Fell oder eine faltbare Schaumstoff-Isomatte, einen Biwaksack, ein Tarp oder Zeltplane, Spiritus- oder Hobokocher, etwas Essen und Trinken inkl. Essbesteck, falls ich mal doch keinen Löffel schnitze, eine kleine Kopflampe und eine Sturmlaterne oder Kerze für ein gemütliches warmes Licht.

Und geschlafen wird in der Hängematte?

Ich bin Bodenschläfer und packe meine Hängematte eigentlich nur für Regionen ein, bei denen ich weiß, dass ich mit meiner Isomatte auf dem Boden sowieso nur den Hang herunterrolle.

Und wenn nachts die Räuber kommen?

Solange man nicht im nächstgelegenen Stadtpark übernachtet, sollte man eigentlich keine Räuber antreffen. Lediglich die Schlafräuber Reh und Fuchs trifft man häufiger an und deswegen empfehle ich unbedingt Ohropax.

Ist die deutsche Bushcraft-szene groß? Oder bin ich mit Sicherheit allein im Wald?

Eher klein, da nur wenige wirklich tief in diese Szene eintauchen und sich am Ende doch mit mehr Ausrüstung wiederfinden als bei Bushcraften üblich. Am Ende fehlt es den meisten dann auch an den Skills, um mit dem nötigsten wirklich draußen klarzukommen. In deutschen Wäldern ist jedenfalls so wenig los, dass ich noch nie auf Gleichgesinnte gestoßen bin oder mir einen Lagerplatz teilen musste.

Gefriergetrocknetes oder frische Ware?

Für mich gerne beides, aber beim Bushcraften wird sehr viel Wert auf Frisches gelegt. Eine Eisenpfanne ist hier Pflicht und wird gerne genutzt. Modernes Titan-Geschirr sieht man hier eher selten.

  • Luftaufnahme eines Bushcraft Camps
    Eine Lichtung, ein Tarp und die Erlaubnis des Besitzers – fertig ist die 1000-Sterne-Suite im Wald.
  • Tatonka Carving Tools im Wald
    Manche nehmen nur eine Klinge mit und schnitzen sich den Rest selbst, andere setzen auf eine Basisausrüstung.

Würde mich zur Not auch der Wald ernähren?

Man kann definitiv den Appetit mit Snacks aus der Natur stillen, allerdings wird es ohne tierisches Essen durch die Jagd oder Beeren/Nüsse in größerer Menge schwierig, dauerhaft seinen Bedarf zu decken. In einer Survival-Situation kommt der Mensch je nach Verfassung und Willensstärke aber einige Wochen ohne Essen aus. Wichtiger wäre hier die Flüssigkeitszufuhr.

Das Lager steht, der Magen knurrt nicht mehr, was nun? Wie vertreibe ich mir im Wald die Zeit?

In den meisten Fällen ist man nach einem aktiven Tag an der frischen Luft sowieso früh müde und das Sandmännchen klopft bald an. Falls nicht, dann finde ich schnitzen sehr meditativ. Hierüber gibt es vielerlei Bücher, die sich zum Beispiel nur auf ein Victorinox-Messer als Werkzeug beschränken und zum Nachbauen/schnitzen anregen. Mit Schnitzwerkzeug-Sets kann man die Schnitzerei noch etwas nach oben treiben und wirklich ausgefallene Sachen oder Figuren schnitzen. Einmal damit angefangen, kann man meistens nur schwer aufhören. Danach schläft man ganz sicher entspannt ein.

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