Welche Länder gewähren das Right to Roam

und was bedeutet das?

In welchen Ländern darf man sich in der Natur auf privatem Grund, außerhalb von Nationalparks und Naturschutzgebieten, frei bewegen? Entdecke die wenigen Länder mit sogenannten „Right to Roam“-Gesetzen – und die Rechte und Pflichten, die damit verbunden sind.

In den meisten Ländern der Welt ist das Betreten von Privatgrundstücken nur unter einem Namen bekannt: Hausfriedensbruch. Hierzulande ist das Vergnügen, einfach nur zu sehen, wohin die eigenen Schritte führen, allein den Parkanlagen vorbehalten.
Es gibt jedoch einige Länder, in denen dies nicht der Fall ist. Dort gewähren so genannte „Right to Roam“-Gesetze Einzelpersonen das Recht, unbebautes Land wie Berge, Wälder und Moore legal zu betreten, zu erforschen und zu genießen, ohne die Erlaubnis der Landbesitzer einholen zu müssen.
Auch wenn die Einzelheiten von Land zu Land unterschiedlich sind, so ist dieses Privileg doch mit der wichtigen Pflicht verbunden, es zu erhalten und zu schützen. Wandernde müssen vorsichtig sein und auf die Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme achten. 

Nachfolgend findest du eine Liste der Länder, in denen das „Right to Roam“ gilt. Wie du sehen wirst, gibt es nur eine Handvoll von ihnen. Es ist also an allen Besuchern, dafür zu sorgen, dass diese Gesetze nicht missbraucht und strikt eingehalten werden. Wanderer müssen sicherstellen, dass ihre Erkundung keinen dauerhaften Schaden hinterlässt, sondern vielmehr ein Vermächtnis des Respekts für die wilden Orte sind, die sie durchqueren. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Right to Roam mit der Zeit auf weitere Länder ausdehnen wird.

Die nordischen Länder: Das Mekka des Right to Roam

In keiner anderen Region der Welt gibt es ein größeres Zugangsrecht als in den nordischen Ländern. Und mit Landschaften, die von Vulkanen, Bergen, Gletschern, Wäldern und Seen geprägt sind, gibt es viel zu erleben.

Norwegen: Der Goldstandard des Right to Roam

Die vielleicht größten Zugangsrechte finden sich im norwegischen Allemansretten (dt. Jedermannsrecht), das im Outdoor Recreation Act von 1957 kodifiziert wurde. Es erlaubt jedem, zu jeder Jahreszeit unbebautes Land und Gewässer zu betreten, sei es zu Fuß, mit dem Boot, zu Pferd, mit dem Fahrrad oder auf Skiern. Auch in den Wintermonaten, wenn der Boden gefroren oder mit Schnee bedeckt ist, kann Kulturland betreten werden. Beeren und Pilze können frei gepflückt werden, und für das Fischen im Salzwasser für den persönlichen Gebrauch ist keine Lizenz erforderlich. Auch das Zelten ist für bis zu zwei Nächte auf Privatgrundstücken erlaubt, wobei ein Abstand von 150 Metern zu den Häusern eingehalten werden muss. Egal, ob es sich nur um einen Tagesausflug oder um eine größere Wanderung handelt – es ist wichtig, das landesweite Feuerverbot zwischen dem 15. April und dem 15. September eines jeden Jahres zu beachten.
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Das Allemansrätten ist das Right to Roam Schwedens

Schweden: Ein „ungeschriebenes“ Recht auf Streifzüge

Das schwedische Jedermannsrecht (allemansrätten) ist im Wesentlichen dasselbe wie in Norwegen. Das Recht auf Zugang ist zwar in der Verfassung verankert, aber der genaue Umfang bleibt unbestimmt, so dass es sich eher um ein „ungeschriebenes Gesetz“ handelt. In jedem Fall ist es fest in den kulturellen Normen verwurzelt, sodass sowohl Schweden als auch die Besucher:innen des Landes Zugang zu allen unbebauten Flächen und Gewässern haben.

Finnland: Liberale Auslegung des öffentlichen Zugangs

Der finnische jokamiehenoikeus ist ebenfalls nicht kodifiziert, sondern beruht auf einem Grundsatz, der besagt, dass „was nicht illegal ist, nicht bestraft werden kann“. Mit anderen Worten: Da es keine Gesetze gegen den Zugang zu Privateigentum gibt, ist er erlaubt.

Island: Recht auf Zugang zur Natur, mit einer Ausnahme

Das isländische almenningssátt ist ebenfalls im isländischen Naturschutzgesetz verankert und besagt, dass jeder das Recht hat, das Land zu bereisen und zu genießen, solange er die natürlichen Ökosysteme nicht beschädigt oder beeinträchtigt. Das Zelten mit nicht mehr als drei Zelten ist auf privatem, nicht bebautem Grund für eine Nacht erlaubt. Das Sammeln von Beeren und Pilzen auf privatem Grund bedarf der Erlaubnis des Grundbesitzers. Die Nutzung von Seen und Flüssen ist nur mit Genehmigung der Rechteinhaber gestattet.

Dänemark: Minimale Roaming-Rechte

Die Ausnahme ist Dänemark. Während Strände, Dünen und Wälder in öffentlichem Besitz für jedermann zugänglich sind, befindet sich der größte Teil des Landes in privatem Besitz und ist nicht für den Zugang freigegeben. Das Überqueren von unbebautem, privatem Land ist jedoch tagsüber erlaubt, wobei ein Abstand von 150 Metern zu Gebäuden eingehalten werden muss. Auch das wilde Zelten ist in bestimmten Gebieten erlaubt.

Planetary Boundaries: Süßwasser-Nutzung

Das Baltikum: Right to Roam – aber mit einem Haken

Auch auf der anderen Seite der Ostsee gibt es „Right to Roam“-Gesetze. Das estnische Igaüheõigus („Jedermannsrecht“), das lettische Dabas atvērtā visiem („Die Natur steht jedermann offen“) und das litauische Laisvė be apribojimų erlauben Wanderern den Zugang zu unbewirtschaftetem Land zu Fuß, mit dem Fahrrad, auf Skiern, mit Booten oder zu Pferd. Auch Beeren und Pilze dürfen gesammelt werden, und das Zelten ist für bis zu einer Nacht erlaubt. Es gibt nur einen Vorbehalt: Es sei denn, der Eigentümer verbietet es. Mit anderen Worten: Im Gegensatz zu den nordischen Ländern ist das „Right to Roam“ in den baltischen Ländern an Bedingungen geknüpft. Das heißt, wenn Wanderer an Schildern oder Zäunen vorbeikommen, die darauf hinweisen, dass diese Rechte eingeschränkt sind, müssen sie zunächst die Erlaubnis des Grundbesitzers einholen.

Deutschland, Österreich und die Schweiz: Geregelter Zugang für die Öffentlichkeit

Deutschland, Österreich und die Schweiz verfügen über reiche Kulturlandschaften, Wälder und Berge sowie eine blühende Freizeitindustrie. Der Zugang zu diesen Räumen wird daher gefördert, wenn auch in eingeschränkterer Form als in den nordischen Ländern.

Deutschland: Es ist kompliziert

In Deutschland beispielsweise ist das Right to Roam je nach Aktivität durch das Bundesnaturschutzgesetz (§49), das Bundeswaldgesetz und das Wasserhaushaltsgesetz geschützt. Damit hat jeder Zugang zu unbewirtschafteten Flächen, Wäldern und Gewässern – aber insbesondere nicht zum Zelten, Radfahren oder Reiten. Dies alles unterliegt landesspezifischen Gesetzen und kommunalen Verordnungen.

Das Right to Roam ist in den Alpen eher begrenzt.

Österreich: Wegefreiheit nur in der Theorie

In Österreich ist die Wegefreiheit seit 1975 im Bundesgesetz verankert. Technisch gesehen gewährt sie der Öffentlichkeit den Zugang – zu Fuß – zu privatem, unbewirtschaftetem Land. In der Praxis ist dies jedoch von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, und in einigen beliebten Gebieten wie Tirol verweigern die Grundeigentümer den Zugang.

Schweiz: Right to Roam nur auf befestigten Wegen

Das Betretungsrecht oder Droit de passage in der Schweiz wird durch das Schweizerische Zivilgesetzbuch garantiert, gilt aber in der Regel nur für Wanderungen auf befestigten Wegen durch Privatbesitz und erlaubt keinen uneingeschränkten Zugang oder Camping.

Der Rest der Welt: Unbefugtes Betreten verboten

Während es in Neuseeland eine eingeschränkte Version gibt, die sich auf das Zelten bezieht, ist das Recht auf das Betreten von Privatgrundstücken außerhalb Europas praktisch nicht existent. Zum Leidwesen der Wanderer gilt dies auch für die westliche Hemisphäre, z. B. für die Vereinigten Staaten. 

Ein Land, das es wert ist, genannt zu werden, ist jedoch Kanada. Während der Zugang zu privatem Land in Kanada nach wie vor eingeschränkt ist, ist der Zugang zu den 89 % dieses riesigen Landes, die öffentliches Land – oder „Crown Land“ – sind, durch den so genannten „Zugang zu Crown Land“ rechtlich gesichert. Wie dies aussieht, kann von Provinz zu Provinz (und Territorium) unterschiedlich sein, aber im Allgemeinen sind alle Crown Lands für Erholungszwecke offen, basierend auf dem Grundsatz „Leave no trace“. Zelten ist in der Regel erlaubt – in einigen Provinzen bis zu 21 Tage lang, danach muss man sein Lager um mindestens 100 Meter verlegen. Der Camper muss sich vergewissern, dass es sich nicht um Privatland handelt, und die Ansprüche der Ureinwohner kennen und respektieren. Für Nichtansässige können zusätzliche Beschränkungen gelten.

Text: Karen Hensel
Foto:  Melanie Haas (NORR Agency) /Robert Heiser (unsplash)
/ single-earth (unsplash) / Maksim Shutov (unsplash)
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