Bike Special

Bikepacking am
Grand Combin

Perfekte Trails zwischen Aostatal und Wallis – die dreitägige Rundtour bietet einsames und teilweise anspruchsvolles Bikepacking mit dem MTB.

Der Grand Combin liegt fast auf der Grenze zwischen dem schweizerischen Wallis und dem norditalienischen Aostatal. Seine drei Hauptgipfel messen alle über 4000 Meter. Das gesamte Massiv lässt sich mit dem MTB gut in drei Tagen umrunden. Auf den etwa 120 Kilometern Strecke sind drei Pässe und etwas über 4200 Höhenmeter zu bewältigen – wobei die Höhenmeter durch das Gepäck fast doppelt zählen. Weil die Trails bis auf knapp 2800 Meter Höhe führen, ist die Runde frühestens ab Juni frei von Schnee.

Tag 1: Start im Aostatal

Ab durch die Mitte. In einem Seitenarm des Aostatals rollen wir los. Nachdem wir uns über Forststraßen eine gewisse Höhe erarbeitet haben, führen Panoramatrails über sanftes Almgelände – aber auch ein paar kitzlige Stellen geben schon Vorgeschmack auf die kommenden Tage.

Ach wie romantisch. Ein kleiner See in 2300 Meter Höhe mit flachen Uferstreifen. Sieht aus wie ein guter Platz zum Biwakieren. Die Mücken werden wir erst später am Abend bemerken.

Das erste Nachtlager. Im See waschen wir den Schweiß der Höhenmeter ab, gleichzeitig bietet er frisches Wasser zum Kochen und für die Trinkflaschen am nächsten Tag.

Tag 2: Die Schweiz ruft

Ein freundliches »Guten Morgen« an die Beine. Direkt nach dem Frühstück wartet der erste Pass. Das Fenêtre de Durant (2797 m) ist der höchste Übergang der Tour und führt uns in die Schweiz. Es ist Anfang Juni. Aber wie man sieht, ist der Winter hier oben erst seit wenigen Wochen vorbei.

Hätte doch jemand mal Schneeketten auf die Packliste geschrieben! Immer wieder müssen wir die Bikes schieben. Gerade bei Traversen ist es ein Kampf, die beladenen Räder in der Spur zu halten.

Der einzige Platten der Tour erwischt uns natürlich bei Wind und mittelstarkem Regen. Zwei arbeiten mit klammen Fingern, während der Rest der Gruppe fröstelnd drum herumsteht.

Achtung vor Bruchpiloten! Obwohl die Bikepacking-Taschen durchaus sportliche Fahrweisen erlauben, kommen wir auf der Abfahrt in Richtung des Stausees Lac de Mauvoisin immer mal wieder an unsere Grenzen.

Auf der Walliser Seite geht es einmal komplett ins Tal. Unten in Fionnay lockt das Café de la Promenade mit Spaghetti und Polenta. Wir hauen uns die Bäuche so voll, dass wir es beim folgenden Gegenanstieg etwas bereuen.

Trotzdem geschafft! Der Col de Mille (2473 m) ist der zweite Pass des Tages. Direkt oben erwischt uns ein Gewitter. Gut, dass nur wenige Meter entfernt die Cabane du Col de Mille steht, unter deren Vordach wir schlüpfen können.

Endlich ein Platz für unser Tarp. Dass ein paar Steine im Rücken drücken, ist uns herzlich egal. Der heutige Tag war mit zwei Pässen und gut 2000 Höhenmetern definitiv der anstrengendste Abschnitt der Runde.

Tag 3: Der letzte Anstieg

Es wartet noch der Col du Grand-St.-Bernard (2469 m). Solange es geht, halten wir uns von der Straße fern. Die letzten Kehren können wir aber nicht vermeiden und teilen uns den Asphalt mit Motorrädern und Rennradfahrern.

Endlich wieder italienischer Kaffee. Oben am Pass überlassen wir die fotobereiten Bernhardiner mit Fässchen am Hals den Reisebussen und beleben unsere Beine mit einer kleinen Dosis Koffein auf einer ruhigen Hotelterrasse.

Siehst du die Zeichen? Die gelben Markierungen »TDC« führen einmal gegen den Uhrzeigersinn um den Grand Combin herum.

It’s all downhill from here! Kurz nach der Passhöhe verlassen wir den Asphalt und rollen mit den Bikes wieder durch angestammtes Terrain.

Wie auf einem überdimensionalen Balkon schlängelt sich der Trail zurück in Richtung Aosta. Dort warten übrigens noch durchaus lohnende Tagestouren – dann natürlich ohne Gepäck.

Infos zur Tour

Anreise
Mit dem Auto oder mit Zug & Bus durch die Schweiz in Richtung Col du Grand-St.-Bernard. Ein guter Startpunkt in der Schweiz ist Bourg-Saint-Pierre. Auch Aosta auf der italienischen Seite bietet sich als Basislager an. Hier findet man auch ein wahres Trailparadies für Tagestouren mit dem MTB.
 
Ausrüstung
Fully oder Hardtail mit guter Federung (Trailschwierigkeiten: S2–3). Bikepacking-Taschen, die eng und ohne zu wackeln am Bike sitzen. Leichte und klein zu verpackende Biwakausrüstung (Matte, Tarp, Schlafsack). Die Kleidung sollte an Hochgebirge und mögliche Wetterum­schwünge angepasst sein.

Orientierung
In der Regel wird die Tour gegen den Uhrzeigersinn gefahren. Sie ist angelehnt an die Trekking-Runde »Tour des Combins«. Gelbe Markierungen (»TDC«) weisen den Weg. Weitere gute Infos und einen GPX-Track findet man auch bei Bikepacking.com

Übernachtung & Verpflegung
Biwakieren ist am unkompliziertesten. Wichtig: Keine Spuren hinterlassen! Hütten, Hotels oder offizielle Campingplätze liegen vor allem auf der italienischen Seite nicht direkt am Weg (die MTB-Route umfährt das Rifugio Champillion Letey). Verpflegung für drei Tage mitnehmen, gelegentlich kann man am Weg einkehren. Wasser findet man überall.

FOTOS, VIDEOS UND TEXT: Julian Rohn