Vegan unterwegs

Malin, Elias und Kathrin verzichten auf ihren Reisen und Touren auf Nahrungsmittel tierischen Ursprungs. Im Interview verraten sie, was dabei die größten Herausforderungen sind, welche veganen Snacks sie empfehlen können und wie sie damit umgehen, wenn sie unterwegs zu einem nicht-veganen Essen eingeladen werden.


Kathrin Heckmann alias Fräulein Draußen ist Reisebloggerin (www.fraeulein-draussen.de), Bestsellerautorin und liebt Outdoor-Abenteuer.

Malin Klein ist Redakteurin bei Globetrotter und wandert am liebsten mit Zelt und Rucksack durchs Fjell und die Berge – gerne auch im Winter. Mehr Infos: www.the-wild-ways.de

Elias Schreiber arbeitet bei Globetrotter als E-Commerce Manager und liebt das Draussensein – egal ob beim Surfen, beim Wandern oder beim Fotografieren in der Natur.

Wie konsequent ernährst du dich auf Reisen oder Touren in der Natur vegan?

Kathrin: In den meisten Fällen bin ich konsequent, allein schon weil ich veganes Essen einfach viel mehr genießen kann. Aber ich muss natürlich essen, und vor allem auf körperlich anspruchsvolleren Touren tut es dann auch kein grüner Salat. Bevor ich hungrig und unzufrieden ins Bett gehe, esse ich auch mal vegetarisch, wenn es keine Alternative gibt oder ich auf irgendetwas einfach richtig Hunger habe. Ich möchte mich letztendlich mit meiner Lebensweise nicht quälen, sondern einen Unterschied machen und mit mir und meinen Werten im Einklang sein. Ein paar Gramm Käse im Jahr sind da nicht wirklich relevant.

Elias: Ich ernähre mich, wie in meiner restlichen Zeit auch, überwiegend pflanzlich. Auf meinen Reisen muss ich das nicht mit Konsequenz beachten, da es bereits zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Gelegentlich geschieht es jedoch, dass ich aus Neugierde auch eine lokale Spezialität probieren möchte, welche zumeist nicht pflanzlich/vegan ist.

Was ist dein veganer Lieblingssnack für unterwegs?

Kathrin: Alles, was mit Kartoffeln zu tun hat: Pommes, Chips, Kartoffelbrei – oder eben einfach gekochte Salzkartoffeln. Ansonsten versuche ich, immer Nüsse und Trockenfrüchte dabei zu haben. Die liefern viel Energie und wichtige Nährstoffe.

Malin: Aktuell esse ich unterwegs gern das vegane Dhal von Trail. Das schmeckt wie selbstgekocht. Bei Snacks bin ich recht klassisch unterwegs: Selbstgemachter Trailmix, getrocknete Mangostreifen und dunkle Schokolade sind immer mit dabei. Mein absoluter Lieblingssnack beim Wandern sind aber Maistortillas mit Erdnussbutter. Am besten mit frisch gepflückten Beeren drauf. Auf dem PCT waren in Washington die Huckleberries reif, da sind wir kaum vorangekommen, so viel haben wir gepflückt und gegessen …

Elias: Definitiv gefüllte Datteln mit Erdnussbutter! Bananen, vegane Riegel oder Blaubeeren vervollständigen dann auch gleich meine Top 5 der besten veganen Snacks. Ansonsten verlasse ich mich stets auf meine Partnerin, die auf unseren Reisen immer den richtigen Snack aus der Tasche zaubert.

Was ist die größte Herausforderung, wenn man sich unterwegs vegan ernähren möchte?

Elias: Da mir der morgendliche Kaffee heilig ist, hatte ich vor einigen Jahren noch Schwierigkeiten, im Ausland eine vegane Milch zu finden. Die Auswahl war sehr überschaubar und kaum eine ließ sich geschmacklich gut mit einem Kaffee trinken. Doch in den letzten Jahren hat sich das Angebot enorm vervielfacht und so habe ich auch keine Probleme mehr, eine passende Hafermilch zu bekommen. Ansonsten ist die größte Herausforderung, die Rezepte nicht mehr »vom Fleisch her« zu denken. Sobald dies überwunden ist, erübrigen sich die meisten Schwierigkeiten.

Malin: Auf meinen Wander- und Skitouren bin ich immer autark unterwegs. Da wird eh alles vorher eingekauft und umgepackt. Schwieriger wird es natürlich, wenn ich mal spontan auf einer Hütte essen möchte. Da gibt es selten vegane oder vegetarische Optionen, meist nur eine Beilage. Ich würde empfehlen, diese nicht fest in den Verpflegungsplan zu integrieren. Ich sehe das einfach als Trailmagic, wenn ich etwas bekomme. Sonst genieße ich was Warmes zu trinken und packe anschließend den Kocher aus.

Wirkt sich die vegane Ernährungsweise auf deine Leistungsfähigkeit aus?

Kathrin: Ich bin nun seit fast 13 Jahren vegan und kenne es daher eigentlich gar nicht anders. In den letzten Jahren habe ich jedenfalls viele anspruchsvolle Vorhaben gemeistert: Von mehrmonatigen Fernwanderungen über 300 Kilometer lange Radtouren (am Stück) bis hin zu einem zehntägigen Trailrun quer über die bayerischen Alpen. Das alles hat mein Körper gut mitgemacht, somit gehe ich davon aus, dass meine Ernährung mir alles gibt, was ich brauche. Und das übrigens, von Vitamin B12 mal abgesehen (welches »Nutztieren« heutzutage auch oft zugesetzt werden muss), ganz ohne Nahrungsergänzungsmittel. Grundsätzlich gibt es ja mittlerweile auch im Leistungs- und Extremsport – von Ultramarathon bis Gewichtheben – viele Beispiele für Athlet:innen, die sich schon lange vegan ernähren und »trotzdem« unter den besten ihrer Disziplin sind. 

Elias: Ich kann keine gesicherte kausale Beziehung zwischen meiner Leistungsfähigkeit und meiner Ernährung benennen. Allerdings hat sich mein körperliches Wohlbefinden, meine Schlafqualität und insbesondere meine Gesundheit deutlich gebessert, seitdem ich meine Ernährung geändert habe. Dass ich Leistungseinbußen erfahre, kann ich klar verneinen! Ich fühle mich zum jetzigen Zeitpunkt fitter und gesünder denn je.

Musst du auf Touren mit Selbstversorgung mehr oder weniger (Stichwort: Gewicht und Volumen) Nahrung mitführen als andere, die sich nicht-vegan ernähren? 

Kathrin: Vor allem wenn man Essen für mehrere Tage mit sich tragen muss, kann man ja sowieso kaum von »Ernährung« sprechen. Es ist eher ein Kampf gegen das Kaloriendefizit und gegen die schlechte Laune. Das, was in solchen Fällen besonders glücklich (und satt) macht – von Gummibärchen über Instant-Nudelsuppen bis zum Trailmix – ist häufig auch vegan möglich. Und mittlerweile gibt es ja auch viel vegane Auswahl in Sachen Trekkingnahrung.

Malin: Ich würde sagen, gleich viel oder sogar weniger, weil pflanzenbasierte Produkte wie Nüsse und Hülsenfrüchte eine hohe Energiedichte haben. Mir ist auf jeden Fall noch nie aufgefallen, dass mein Essenssack größer ist als der meiner Mitwandernden.

»Auf meinen Wander- und Skitouren bin ich immer autark unterwegs. Da wird eh alles vorher eingekauft und umgepackt. Schwieriger wird es natürlich, wenn ich mal spontan auf einer Hütte essen möchte.«

Musstest du dich schon mal für deine Ernährungsweise rechtfertigen, wenn du mit einer Gruppe unterwegs warst und wenn ja, wie bist du damit umgegangen?

Kathrin: Direkt rechtfertigen nicht, aber es ist natürlich immer wieder Thema. Früher aber deutlich mehr als heute. Meistens steckt einfach echtes Interesse dahinter, und ich versuche das als Chance zum Dialog zu sehen.

Elias: Die Verpflichtung oder den sozialen Druck mich zu rechtfertigen, habe ich bisher nur selten verspürt – und ich komme dem aus Prinzip nicht nach. Da meine Ernährung für mich nur eine geringe identitätsstiftende Funktion erfüllt, habe ich diese auch niemals explizit ausgewiesen. Kritischen Kommentaren begegne ich gerne sachlich, während ich interessierten Stimmen dagegen offen und ehrlich weitere Auskunft gebe. Den tatsächlichen Rechtfertigungsdruck muss ich dagegen regelmäßig bei Personen beobachten, die einer pflanzlichen, veganen oder ökologisch nachhaltigen Ernährung ablehnend gegenüberstehen. Denn diese geben sich überraschend viel Mühe, trotz oftmals mangelnder Kenntnisse, schnell ein Urteil zu kommunizieren, in der Hoffnung, ihre eigene konventionelle Ernährungsweise zu rechtfertigen oder gar zu verteidigen.

Ernährst du dich «nur» vegan oder achtest du auch bei deiner Ausrüstung darauf, dass sie frei von tierischen Erzeugnissen ist?

Kathrin: Wer primär aus ethischen und ökologischen Gründen vegan ist (so wie ich), kommt eigentlich gar nicht drumherum, auch auf andere tierische Produkte, insbesondere Leder und Daune, zu verzichten. Denn die stammen in den meisten Fällen aus Massentierhaltung – auch wenn es Unterschiede in Sachen Nachhaltigkeit und Transparenz gibt. Natürlich ist das aber nochmal ein bisschen was anderes, weil die Lebensdauer von einem guten Lederwanderschuh deutlich länger ist als die von einem Steak. Und der Nutzen ist deutlich höher. Tollerweise gibt es ja mittlerweile im Outdoor-Bereich viele gute Materialien nicht-tierischen Ursprungs, oder Alternativen wie recycelte Daune.

Elias: Ich achte auch bei der Wahl meiner Ausrüstung auf die Inhaltsstoffe. Allerdings gibt es leider noch sehr oft intransparente Wertschöpfungsketten und Fertigungsprozesse, wodurch oft Inhaltsstoffe nicht ausgewiesen werden. Daher orientiere ich mich, wie jeder andere, an Siegeln oder recherchiere zu der Marke bzw. dem Produkt in der Hoffnung, weitere Informationen zu erhalten.
Da mir die Langlebigkeit, Qualität und Einsatzfähigkeit meiner Ausrüstung jedoch an erster Stelle stehen, sind es oft Ermessensentscheidungen, die ich beim Kauf treffen muss. So kann es durchaus geschehen, dass ich mich bewusst für ein Produkt mit tierischen Erzeugnissen entscheide, da zum jetzigen Zeitpunkt nur jenes, diese und weitere Punkte erfüllt.

Wie gehst du damit um, wenn du unterwegs von Fremden zu einem nicht-veganen Essen eingeladen wirst?

Kathrin: Ich habe zum Beispiel mal einen Becher vergorene Stutenmilch im kirgisischen Tien Shan getrunken, einfach um mein Interesse für die Kultur und meine Dankbarkeit für die Einladung zu zeigen. Beim Essen gab es dann aber zum Glück genug vegetarische Auswahl und vegane Beilagen. Ich bin letztendlich vor allem aus rein rationalen Gründen vegan und finde tierische Produkte per se nicht eklig. Im Falle einer Einladung auf Reisen würde ich auch vegetarisch essen, bei Fleisch aber die Grenze ziehen. 

Malin: Das kommt für mich immer auf die Situation und auch auf die kulturelle Bedeutung der Einladung an. Ich bin seit über 20 Jahren Vegetarierin und hatte nur eine Begegnung, bei der ich mich nicht erklären mochte: Mir wurde einmal in Lappland ein Rentierherz serviert. Ich hatte als einzige kein Fleisch bestellt, sondern die vegetarische Suppe. Mehr gab es in dem kleinen Ort nicht. Die Köchin dachte wohl, ich könnte mir als jüngstes Mitglied der Gruppe kein Fleisch leisten und überreichte mir als Willkommensgeste das Herz. Da habe ich erstmal schlucken müssen. Dann habe ich es in viele kleine Stücke geschnitten und jedem eines gegeben. So musste ich nur ein winziges Stück essen, habe aber auch die Geste wertgeschätzt.

» Erst durch meine Umstellung auf eine vegane Ernährung hab ich überhaupt gelernt, was für eine große Bandbreite von Lebensmitteln es gibt und was man damit alles anstellen kann.«

Kulinarik ist für Viele ein fester Bestandteil einer Kultur. Hast du auf Reisen manchmal das Gefühl etwas zu verpassen, weil du dich nicht kreuz und quer durch die lokalen Gerichte probieren kannst?

Kathrin: Ich liebe Essen und Kochen, aber auf Reisen spielt das für mich ehrlich gesagt keine wahnsinnig große Rolle. Natürlich freu ich mich aber, wenn es auch mal ein lokales Gericht in veganer Variante gibt, und dann wahrscheinlich noch viel mehr als Menschen, die sowieso immer alles essen können (bzw. wollen). Wobei ja je nach Reiseziel einiges auch »accidently vegan« sein kann.

Malin: Ehrlich gesagt nicht. In Thailand fand ich es besonders schwer, fleisch- und fischfreie Gerichte zu finden. Also bin ich mittags immer auf den lokalen Markt gegangen. Dort habe ich dann so viele tolle Obstsorten gegessen, von denen ich vorher gar nicht wusste, dass es sie gibt!

Gibt es Apps oder andere Hilfsmittel, die einem bei der veganen Ernährung unterwegs helfen?

Kathrin: Die App Happy Cow ist mir seit vielen Jahren ein treuer Begleiter und zeigt weltweit Restaurants an, die vegane (oder veganisierbare) Gerichte anbieten. So hab ich zum Beispiel mitten in der Pampa Brandenburgs meinen bisher besten veganen Burger gefunden, und mitten im fleischlastigen Südafrika ein Café mit veganen Pancakes.

»Ich ernähre mich überwiegend pflanzlich. Auf meinen Reisen muss ich das nicht beachten, da es bereits zur Selbstverständlichkeit geworden ist.«

Bedeutet vegane Ernährung unterwegs für dich einfach nur Verzicht? Oder ergeben sich daraus auch bereichernde Aspekte?

Kathrin: Erst durch meine Umstellung auf eine vegane Ernährung hab ich überhaupt gelernt, was für eine große Bandbreite von Lebensmitteln es gibt und was man damit alles anstellen kann. Das Gefühl von Verzicht hab ich dabei noch nie gespürt. Davon abgesehen ist es für mich grundsätzlich ein sehr bereicherndes Gefühl, zu wissen, dass ich mit meiner veganen Lebensweise zu einem in meinen Augen notwendigen Wandel beitragen kann. Denn auch wenn in dieser Hinsicht nicht alles schwarz und weiß ist, und nicht alle veganen Lebensmittel automatisch auch »gut« sind: Das, was wir da in Sachen Tierhaltung und Lebensmittelproduktion veranstalten, kann man einfach nicht schönreden.